Aktiv Senior Erich Gerber
Glosse 83: Der Brösmelisucher
Veröffentlicht am September 1, 2019 unter
Verfasser: Alexander Hoffmann / Erich Gerber
Präsident Georges Bräker und seine Getreuen waren stets bemüht, ihrem RC Redliwil ein attraktives Programm zu bieten. Das wurde bisweilen dankbar honoriert, doch einige Rotarier hatten immer etwas zu bemängeln. Kassier Armin Geldmacher klagte: „Sie lassen sich bedienen, tun selbst nichts, dafür suchen sie immer die Brösmeli.“
Oberster Brösmelisucher war Freund Hans Ackermann, ein weitgereister, weltgewandter Connaisseur. Zum jüngsten Rokj-Charity-Golfturnier in Redliwil bemerkte er: „Ganz gelungene Sache. Aber das Green am Loch 15 war einen Tick zu kurz geschnitten. Das erlebe ich auf meinem Lieblingsplatz in St. Moritz nie.“
Das festliche Menü anlässlich der Ämterübergabe in einem 4-Sternelokal am Ufer des Redliwiler Sees kommentierte er seufzend: „Die frischen Shrimps aus der Schweiz waren in Ordnung, aber eigentlich sollte man Krabben nur an der südchinesischen Küste essen.“ Er bemängelte auch das Dressing des Salats und gab Bräker den Tipp: „Da fehlte der Jahrgangsessig. Ich empfehle den Jahrgang 2009, den holt meine Frau immer direkt aus Modena.“
Genug ist genug, sagte sich der Präsident. Er ersuchte Hans Ackermann, den nächsten Event, das zehnjährige Jubiläum der Partnerschaft mit dem französischen RC Maladie sur Mer, zu organisieren. Zu seiner Überraschung sagte dieser zu und zu seiner weiteren Überraschung klappte alles vorzüglich. Höhepunkt war ein tolles Konzert mit den Redliwiler Philharmonikern, einem aufstrebenden Klangkörper.
Insgeheim war der Clubpräsident sehr zufrieden, aber eine kleine Lektion musste einfach sein. Er bestellte Ackermann zum Rapport. Dieser erschien und hoffte offensichtlich auf Lob.
Der Präsident hüstelte: „Also, das alles war ja recht nett. Etwas optimierungsfähig fand ich die Einladung zum Event.“
Ackermann war erstaunt: „Wie denn?“
„Weisst Du, die Briefbögen fühlten sich so lappig an. Ich persönlich hätte handgeschöpftes Büttenpapier bevorzugt.“
„Hat Dir die Musik gefallen?“, reagierte Hans Ackermann.
„Doch, doch. Allerdings, die zweite Geige…“
„Was war denn damit?“, fragte sein Gesprächspartner, der zunehmend bestürzt schien.
„Der zweite Geiger hatte ungebügelte Hosen.“
„Hm, und wie hast Du dieses Konzert insgesamt gefunden?“
„Durchaus annehmbar, es reichte für gewisse Sekunden an meine Berliner Philharmoniker heran.“
Hans Ackermann sackte etwas in sich zusammen, doch der Clubpräsident tröstete ihn. „Lieber Hans, für den Anfang hast Du das ganz gut zustande gebracht!“
Schluss