Aktiv Senior Erich Gerber
Vermeidet solche Schlangensätze!
Liebe junge Manessen
Ich frage mich, weil ich nicht ganz sicher bin, ob es so gewesen ist und ob ich es wirklich so gesagt oder bloss nur so gemeint oder gedacht habe, dass ich Euch aus meiner eigenen Erfahrung sowie gestützt auf die einschlägige Fachliteratur, die ich als Euer Assistent extra studiert habe, für Eure persönliche Redekunst empfohlen habe oder bloss empfehlen wollte, Eure Ansprache schon von der ersten Zeile an - das heisst also wirklich von Anfang an - wörtlich genau so zu formulieren, wie Ihr dann auch sprechen werdet (in möglichst prägnanten kurzen Sätzen) – Euren ganzen Entwurf könnt Ihr ohne voreilige sachliche Wertung noch ruhig als „Nullfassung“ bezeichnen - ohne den vielleicht folgenschweren Fehler zu machen, Eure Ansprache als Lesetext zu entwerfen, das heisst mit vielen Haupt- und Nebensätzen zu garnieren, die man insgesamt nur dann wirklich verstehen würde, wenn man nachher die Gelegenheit sowie die nötige Zeit und Geduld hätte, Euren Text in aller Ruhe nachzulesen – allenfalls sogar mehrmals, bis man richtig versteht, was gesagt wurde und worum es Euch als Redner wirklich ging – und dabei riskieren wollt, dass die Zuhörerinnen und Zuhörer, die Euch nach dem vielleicht sogar entscheidenden positiven ersten Eindruck im Grunde eigentlich ganz gut mögen – ich denke an die grosse Bedeutung der sogenannten „Körpersprache“ – vielleicht durch Stichworte aus Eurem Text abgelenkt werden und dadurch auf eigene Ideen kommen, mit andern Worten gedanklich abschweifen und an Dinge denken, die überhaupt nichts mehr mit Eurem Vortrag zu tun haben, die im schlimmsten für Euch sicher unerwünschten Fall sogar auf das Gegenteil hinauslaufen könnten, was Ihr sicher vermeiden wollt – weil Eure sicher gutgemeinte Rede dann nicht nur eine „Nullfassung“ bliebe, sondern auch eine höchst bedauernswerte „Nullwirkung“ hätte.
Die Manessenstube befindet sich im Restaurant Oberhof an der Zürichbergstrasse 24
Chire 10.5.14